Das Orangenbeispiel

 

 

Zwei Schwestern, Anna (14) und Lisa (12) stehen in der Küche und streiten lautstark um eine Apfelsine. Anna meint, Lisa würde ihr immer alles streitig machen. Lisa erwidert, Anna wolle immer bestimmen. Die Mutter kommt hinzu. Was wird sie tun? Vermutlich vorschlagen, die Apfelsine zu teilen.

 

Die scheinbar gute, weil gerechte Lösung stellt sich nach einer Mediation anders dar. Ein Mediator würde die Schwestern fragen, was ihr Interesse an der Apfelsine ist, was sie damit beabsichtigen. Anna kann dann erklären, dass sie die Schale für einen Kuchen benötigt. Und Lisa kann klarstellen, dass sie den Saft trinken möchte. Eine gemeinsame Lösung kann also die Bedürfnisse beider befriedigen. Beide können gewinnen, ohne dass eine verliert.

 

Der Vorteil der Mediation, dass im Erfolgsfall alle Beteiligten Gewinner sind (win-win-Lösung), lässt sich mit diesem oft benutzten Lehrbuchfall gut zeigen.

 

So schön wie er ist, so unrealistisch scheint er auch zu sein. Und dennoch sind solche Win - win - Lösungen, in denen niemand der Verlierer ist, möglich. Nämlich dann, wenn die Streitparteien beginnen zu kooperieren. Deshalb ist auch der Begriff Kooperationsgewinn gebräuchlich. Kooperation heißt in diesem Fall, dass sich die Parteien zusammensetzen und die Interessen und Motive offenbaren, die sich hinter ihren Forderungen bzw. Positionen verbergen.

Im Lösungsprozess wird so ermöglicht, dass eine Partei etwas aufgeben und der anderen Partei geben kann, das sie subjektiv geringer wertschätzt als die andere Partei. Dafür erhält sie von der anderen Partei etwas, das diese wiederum subjektiv geringer wertschätzt. Dazu ist allerdings eine unterschiedliche Wertschätzung verschiedener Eigenschaften eines Streitgegenstandes erforderlich.

 

Im Orangenfall schätzt eine Schwester die Eigenschaft der Orange, dass man mit ihrer Schale Kuchen backen kann, gering. Sie schätzt lediglich die Eigenschaft der Saftgewinnung subjektiv hoch ein. Weil nahezu jeder Streitgegenstand ein komplexes System darstellt, sind unterschiedliche Wertschätzung der Parteien sehr wahrscheinlich und damit Grundlage einer win-win-Lösung.

 

 

 

 

 

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